14.07.2022, 14:12 Uhr

Die Nachfrage nach Tafeln in Deutschland hat einen traurigen Rekord erreicht: Mehr als zwei Millionen Menschen nutzen die kostenlose Essensausgabe. Betroffen sind Arbeitslose, Rentner und Geringverdiener – aber auch viele Flüchtlinge aus der Ukraine. Die Tafeln in Deutschland verzeichnen seit Anfang des Jahres eine steigende Nachfrage. Die Zahl der Nutzer sozialer Dienste habe sich auf ein neues Rekordniveau halbiert, teilte der Dachverband der Organisation mit. Inzwischen würden mehr als zwei Millionen Menschen im armutsgeplagten Deutschland Angebote wie Gratis-Essen nutzen. Das sind mehr Empfänger denn je. Die Tafel Deutschland hat im Juni und Juli 962 Tafelmitglieder befragt und 603 Tafeln nahmen an der Befragung teil. Demnach verzeichneten 60 Prozent der Tafeln seit Jahresbeginn einen Kundenzuwachs von bis zu 50 Prozent. Fast ein Viertel (22,6 Prozent) unterstützt sogar doppelt so viele Menschen. Die Zahl der Kunden hat sich bei 7,6 Prozent der Tafeln verdoppelt und bei fast 9 Prozent mehr als verdoppelt. Vor allem Flüchtlinge aus der Ukraine sehen Tafel als neue Kunden. Es gebe aber auch viele Arbeitslose, Geringverdiener und Rentner, erklärte der Dachverband.

Viele Gremien mussten die Aufzeichnung einstellen

Der Chef des Dachverbandes Jochen Brühl erklärte: „Tafeln stehen am Rande und sagen uns, dass viele Menschen zu ihnen kommen, die gerade zurechtgekommen sind und zum ersten Mal Hilfe brauchen.“ Es gibt aber auch ehemalige Klienten, deren Zustand sich wieder verschlechtert hat. Die Nachfrage ist sogar noch höher, sodass bereits 32 Prozent der Tafeln den Eintritt einfrieren mussten. Es fehlt an Nahrung oder Freiwilligen oder beidem. 62 Prozent der Tafeln werden auch kleinere Mengen verteilen, um möglichst viele Menschen mit Lebensmitteln versorgen zu können. Der Dachverband kritisierte Sozialämter und Behörden in vielen Kommunen, weil Flüchtlinge weiterhin ohne Rücksprache an Tafeln verwiesen würden. Vor allem in der Ukraine wurde vielen Menschen der falsche Eindruck vermittelt, Tafeln seien ein staatliches Angebot, auf das sie Anspruch hätten. „Es ist unverantwortlich, wenn Behörden Leute zu einer Tafel schicken, ohne überhaupt zu fragen, ob die Tafel neue Kunden aufnehmen kann“, sagte Brühl. „Es ist Sache des Staates, nicht der Freiwilligen, dafür zu sorgen, dass alle Menschen in Deutschland genug zu essen und zu trinken haben.“