Aufteilung In der Post-Covid-Ambulanz der Universitätsklinik waren 500 Menschen betroffen Am lebhaftesten erinnert sich Gernot Rohde an die jungen, leistungsorientierten Männer, die im zweiten Drittel der Delta-Welle zu ihm kamen. “Anwälte, die plötzlich nicht mehr als eine Seite lesen konnten, Marathonläufer, die nicht von der Couch aufstehen konnten.” Menschen, bei denen der Post-Coronavirus-Rückgang besonders deutlich war und die deshalb besonders deutlich gemerkt haben, dass Monate nach der Ansteckung etwas mit ihnen nicht stimmt. Long Covid, also Beschwerden, die Betroffene im Alltag einschränken und länger als vier Wochen nach der Ansteckung anhalten, und Post Covid, von denen man drei Monate nach der Erkrankung spricht, waren damals natürlich noch unbekannt. Mehr als 500 Patienten hat die Post-Covid-Ambulanz des Universitätsklinikums, die von dem Professor und seiner Kollegin Maria Vehreschild geleitet wird, inzwischen untersucht, Hunderte Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen arbeiten weltweit an der Erforschung des Syndroms und seiner Entstehung. Die Symptome vieler Patienten sind ähnlich. Die häufigsten sind anhaltende geringe Belastungstoleranz, Husten, Geruchs- und Geschmacksverlust, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme. Doch wie es sich post-Covid entwickelt und was genau welches Symptom auslöst und warum, ist noch weitgehend unbekannt. Ein zentraler Mechanismus sei wohl die sogenannte molekulare Mimikry, sagt Rohde: Je breiter die Immunantwort auf Covid-19 ausfällt, desto eher verwechselt das Immunsystem Antigene, also jene Teile des Virus, die die Bildung von Antikörpern bewirken. mit körpereigenen Antigenen. Der Körper greift dann nicht nur das Virus, sondern auch eigene Muskelfasern oder Nervenenden an – lange nachdem Covid besiegt wurde. “Aber es gibt wahrscheinlich noch viele andere molekulare Mechanismen.” Auch individuelle Faktoren spielen eine Rolle, wie die Beschaffenheit des Immunsystems, die Gene und das Alter. Mehr als 90 Prozent der Menschen, die nach Covid in Ambulanzen kommen, haben laut Rohde eine körperliche Ursache für die Symptome. Doch oft muss man sehr genau danach suchen. Vor allem bei Menschen, die trotz mildem Infektionsverlauf, durchschnittlichem Lungenvolumen und normaler Herzfunktion langfristig weniger widerstandsfähig bleiben. Eine zentrale Erkenntnis des Frankfurter Ärzteteams bisher: „Trotz normaler Lungenfunktion kann die muskuläre Atempumpe, die die Lunge ausdehnt und wieder zusammendrückt, beeinträchtigt werden.“ Dann kann Ergotherapie helfen. Ähnlich verhält es sich beim Herzen: Oft zeigt nur ein MRT mikroskopisch kleine Entzündungsherde im Herzmuskel, die EKG und Ultraschall unbemerkt bleiben. Auch hierfür gibt es etablierte Therapien, ebenso wie bei Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen. „Eigentlich führen wir keine spezifische Behandlung des Coronavirus durch, aber wir behandeln die Nachwirkungen des Covid-Symptoms.“ Eine Zeit lang war es daher möglich, die Ambulanz ohne eigenes Personal zu betreiben: Nach der Anamnese wurden die Betroffenen an die für die Folgen zuständigen Ambulanzen überwiesen. Aber das Wissen über die Krankheit nimmt täglich zu, und die erste Frage nach Symptomen dauert etwa 45 Minuten. „Das geht nicht nebenbei, das können sich auch Hausärzte nicht leisten“, sagt Rohde. Zudem dürfte für die Gesellschaft noch viel mehr kommen: Schätzungen zufolge könnten zwischen fünf und zehn Prozent der Infizierten später an Post-Covid erkranken. Allein in Frankfurt wären es zu diesem Zeitpunkt bis zu 24.000 Menschen. Da die Patienten alle drei Monate in Ambulanzen kamen, bis die Symptome abgeklungen waren oder bis sie sich arrangierten, stieg die Zahl auch an. Aus dem Hessischen Pandemiefonds erhielt das Universitätsklinikum deshalb kürzlich eine Einmalzahlung in Höhe von 204.900 Euro für den Aufbau einer eigenen Post-Covid-Ambulanz, zu der ein Arzt und mehrere Studienassistenten gehören. Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr befristet, Rohde ist zuversichtlich, dass es darüber hinaus fortgesetzt wird. Und der Pneumologe hat weitere gute Nachrichten zu vermelden: Seit es den Coronavirus-Impfstoff gibt, hat er praktisch keine dauerhaften Fälle von schweren Post-Covid-Erkrankungen gesehen. „Fast allen geht es besser, es dauert nur unglaublich lange“, sagt Rohde. Und obwohl die Symptome nicht immer verschwanden, schafften es die meisten Menschen, sich damit abzufinden. Auch, und das ist Rohdes dritte gute Nachricht, sei den Rehakliniken zu verdanken, die sich sehr früh mit dem Thema Coronavirus im Rahmen der Akutversorgung auseinandergesetzt haben und entsprechend vorbereitet sind. Etwa die Hälfte der Post-Covid-Patienten profitiert von rehabilitativen Maßnahmen, „das finde ich auch sehr sinnvoll.“ Die Auszeit bietet Raum für körperliches Wachstum, was sich wiederum positiv auf das seelische Wohlbefinden auswirkt. Denn – eine weitere Erkenntnis des Teams – manchmal verursacht Covid nicht nur körperliche Probleme, sondern auch regelrechte Depressionen. Dafür gibt es auch an der Universitätsklinik Spezialisten.