Die Folgen der Klimakrise gefährden auch die Sicherheit von Hochgebirgshütten. Mit Hilfe der Wissenschaft sollen geeignete Gegenmaßnahmen gefunden werden. Aber auch die Hütten selbst machen Probleme. Von Ulrike Nikola, Bayerischer Rundfunk

Der Felsen am Großglockner bewegt sich schnell. Genauer gesagt: 70 cm in zwei Jahren. Die Piste rückt immer näher an die Stüdlhütte heran. Die 2802 Meter hohe Stüdlhütte in den österreichischen Alpen ist Ausgangspunkt für viele Bergsteiger, die sich über den Luisengrat oder den Stüdlgrat auf den Gipfel des Großglockners wagen. Aber die Frage ist, wie lange das noch sein wird.

Denn der Klimawandel lässt nicht nur das sichtbare Gletschereis in den Alpen schmelzen, sondern auch den Permafrost auf den Felsen. Dieses gefrorene Wasser in Felsspalten und Felsporen wirkt wie Kitt für die hohen Berge ab 2800 Metern. Taut dieser Permafrost auf, beeinträchtigt das die Stabilität des Gesteins.

                Die Stüdlhütte im Großglockner in Österreich.  Bild: image-alliance / Reinhard Kung

Der Deutsche Alpenverein (DAV), dessen Sektion Oberland die Stüdlhütte besitzt, hat wissenschaftliche Untersuchungen in Auftrag gegeben. Denn die Hütte ist nur zu retten, wenn die Bewegung der Piste gebremst werden kann. Deshalb führten Professor Michael Krautblatter von der Technischen Universität München und sein Team dort zunächst geophysikalische und geoelektrische Untersuchungen durch. So konnten sie den thermischen Zustand des Hanges bestimmen und feststellen, wie viel Gestein noch gefroren ist. „Wir haben gesehen, dass eines der Hauptprobleme das Wasser vom Hüttendach ist. Denn es fließt mit drei, vier Grad plus in den Boden und trägt diese Wärme mehrere Meter in die Tiefe“, sagt Professor Krautblatter.

Hütten erzeugen Wärme

Das Dauereis auf dem Fels steht also von zwei Seiten unter Druck: Einerseits durch die frühe Schneeschmelze, wie in diesem Sommer geschehen, wodurch eine Schutzschicht von oben fehlt. Zum anderen durch hochalpine Hütten, die wiederum Wärme an die Umgebung abgeben. „Eine erste und wichtige Maßnahme bei der Stüdlhütte ist es, die Entwässerung der Seilbahn und des Gebäudes zu ändern, um das gesamte Wasser abzuleiten, damit es nicht in den Boden gelangt“, erklärt Professor Krautblatter. Sonst würde das warme Wasser den Hangabstieg weiter beschleunigen. Aber auch die Raumtemperatur einer Hütte strahlt durch den Boden bis auf den Fels.

Um die Erwärmung des Gesteins in Hüttennähe zu reduzieren, werden Gebäude heute von unten gedämmt. Es gibt auch kompliziertere Methoden, zum Beispiel ein Gebäude anzuheben und von unten zu belüften. Zudem werden zur Stabilisierung von Berghängen meist bauliche Maßnahmen eingesetzt – zum Beispiel mit Hilfe sogenannter Felsanker. All dies ist aufwendig und teuer. Die German Alpine Group und ihre Geschäftsbereiche werden in Zukunft viel investieren müssen.

Denn allein der DAV hat 37 Hütten, die über 2500 Meter hoch und damit vom Klimawandel bedroht sind. Das Hochwildehaus in den Ötztaler Alpen im Süden Österreichs ist bereits akut gefährdet und seit 2016 geschlossen, berichtet Hanspeter Mair, Leiter Alpine Raumplanung beim DAV Bundesverband. „Um das Gebäude zu stabilisieren, wurde es an vier Seiten gestützt. Wie es weitergeht, ist noch nicht klar. Wir diskutieren noch mit dem betroffenen Stadtteil Karlsruhe, ob die Berghütte erhalten werden kann und soll“, sagt Mair.

Touren und Gipfelbesteigungen werden schwieriger

In der Nähe befindet sich das Ramolhaus. Dort sind Besucher von der Sperrung nicht betroffen, Kletterer geben aber Tipps, wie man den 3537 m hohen Schalfkogel am besten erreicht. Aufgrund des heißen Sommers in diesem Jahr schmilzt der Schnee schneller als in den Vorjahren. In der Folge erwartet Kletterer statt Schnee und Eis mehr Geröll und brüchiges Gestein, auf dem sie die richtige Ausrüstung besser greifen könnten.

Doch nicht nur die Gipfeltouren, sondern auch die Bahnstrecken zu den hochalpinen Hütten sind gefährdet. So musste beispielsweise der Klettersteig zur Oberwalderhütte im Großglockner umgebaut werden, da der Hang in Bewegung ist. Aus ähnlichen Gründen sei auch die Verlegung der Straße zum Tauschachhaus notwendig gewesen, sagt Mair.

Die Klimaerwärmung wirkt sich auch auf die Versorgung der Bergsteiger in Hütten aus. Beispiel Brandenburger Haus: Mit 3277 Metern die höchste Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins (Sektion Berlin). Dort wird Trinkwasser aus einem höher gelegenen Skigebiet entnommen. Aber es ist absehbar, dass es dieses Schneefeld in ein paar Jahren nicht mehr geben wird. Woher soll das Trinkwasser in so großer Höhe kommen?

„Da stehen wir vor großen Herausforderungen“, fasst Hanspeter Mair zusammen. Beim Bau neuer Berghütten und Seilbahnen müssen all diese Aspekte in Zukunft noch stärker berücksichtigt werden.