Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den Botschafter seines Landes in Deutschland, Melnik, zurückgerufen. Melnyk hatte die Bundesregierung monatelang scharf kritisiert. In letzter Zeit steht er jedoch zunehmend unter Druck.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Botschafter in Deutschland, Andriy Melnyk, entlassen. Das geht aus einem Dekret des Präsidialamtes in Kiew hervor. Neben Melnyk wurden laut Präsidialamt auch die ukrainischen Botschafter in Norwegen, Tschechien, Ungarn und Indien abberufen.

Die Gründe oder der künftige Einsatz der Diplomaten wurden zunächst nicht genannt. Über Melniks mögliche Entlassung wurde bereits spekuliert. Mehrere Medien berichteten vergangene Woche, er könne ins Außenministerium nach Kiew wechseln.

Auch bekannt für nicht-diplomatische Aktionen

Seit Januar 2015 ist Melnik Botschafter in Deutschland – für einen Diplomaten eine ungewöhnlich lange Zeit. Er hatte in den vergangenen Monaten mit seiner scharfen Kritik an der Bundesregierung für Aufsehen gesorgt. Er warf Kanzler Olaf Solz (SPD) und seinen Ministern unter anderem vor, Waffen im Kampf gegen die russischen Aggressoren in der Ukraine nur zögerlich abzugeben.

Melnik schreckte nicht vor ganz klaren Worten zurück. Als Scholz eine Reise nach Kiew zunächst absagte, nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier uneingeladen war, nannte Melnyk Scholz eine „beleidigte Leberwurst“, entschuldigte sich später aber dafür.

Melnik warf dem Bundespräsidenten eine zu große Nähe zu Russland vor. Steinmeier habe über Jahrzehnte ein “Spinnennetz aus Kontakten” aufgebaut – sagte Melnik dem “Tagesspiegel” wörtlich. Laut “Spiegel” nannte der Botschafter den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, “einen Idioten”.

Kritik an Aussagen zu Bandera

Vergangene Woche erntete er massive Kritik für seine Äußerungen über den ukrainischen Nationalisten und Antisemiten Stepan Bandera. Bandera war während des Zweiten Weltkriegs der Anführer des radikalen Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Nationalistische Partisanen aus der Westukraine waren 1943 für ethnisch motivierte Deportationen verantwortlich, bei denen Zehntausende polnische und jüdische Bürger ermordet wurden.

In einem Interview mit dem Journalisten Tilo Jung bestritt Melnyk, Bandera sei ein Massenmörder an Juden und Polen. Der Nationalist wurde von der Sowjetunion bewusst dämonisiert. Die israelische Botschaft warf dem Botschafter daraufhin vor, „historische Fakten zu verzerren, den Holocaust herunterzuspielen und die von Bandera und seinen Leuten Ermordeten zu beleidigen“. Das ukrainische Außenministerium distanzierte sich von Melniks Äußerungen.

Nach Tagen des Schweigens wies Melnik den Vorwurf zurück, dass seine Äußerungen über Bandera den Holocaust heruntergespielt hätten. „Wer mich kennt, weiß: Ich habe den Holocaust immer aufs Schärfste verurteilt“, twitterte Melnik. Die Vorwürfe gegen ihn seien „absurd“.