Der Mörder ist der 41-jährige Tetsuya Y.* Der ehemalige Marine feuerte zwei Schüsse von hinten mit einer improvisierten Waffe auf Abe ab, als er in der Stadt Nara eine Wahlkampfrede hielt. Die Fotos zeigten, wie der Angreifer während der Rede im Hintergrund Abe überfiel. Zwei Schüsse waren von Reportern auf Video deutlich zu hören. Der Täter wurde am Tatort festgenommen. Der Mörder wird am Sonntag der Staatsanwaltschaft übergeben. Attentat auf Japans Ex-Premierminister: Hier wurde der Angreifer neutralisiert (00:38)
Für zu hohe Aufhängung zugelassen
Der Japan-Experte Takuma Melber erklärt nun gegenüber “Bild”, was Tetsuya Y. nun wohl vorhat. In Japan gibt es immer noch die Todesstrafe. Es ist die einzige Industrienation außerhalb der USA, in der dies durchgesetzt wird. Im Gegensatz zu den Amerikanern werden Sträflinge nicht mit tödlichen Injektionen gespritzt, sondern an den Galgen gehängt. Die Zustimmung zu dieser Strafe ist im Land der aufgehenden Sonne extrem hoch. Laut Melber liegt der Anteil der Gegner in der Bevölkerung bei unter zehn Prozent. Deshalb glaubt der Historiker, dass dieses Schicksal auch Tetsuya Y. bevorsteht. „Angesichts von Abes Größe als Politiker kann ich mir nicht vorstellen, dass es für dieses Verbrechen keine harte Strafe geben wird. Ich gehe davon aus, dass der Täter zum Tode verurteilt wird“, sagt er gegenüber Bild.
Die Polizei räumt den fehlenden Schutz ein
Abe war von Dezember 2012 bis September 2020 Premierminister, zuvor von September 2006 bis September 2007. Aufgrund gesundheitlicher Probleme trat er im September 2020 als Premierminister zurück. Aber obwohl er zurückgetreten ist, ist er weiterhin ein wichtiger Berater des Premierministers. Aus diesem Grund ist Melber zuversichtlich, dass die Todesstrafe auf die Zustimmung der Bevölkerung stoßen würde. Wie Tetsuya Y. Shinzo Abe überhaupt so nahe kommen konnte, bleibt zu klären. Unterdessen hat die japanische Polizei Mängel beim Schutz ehemaliger Ministerpräsidenten eingeräumt. Mehrere Einschusslöcher wurden in einem Nummernschild eines Wahlkampfautos gefunden, das dem lokalen Kandidaten Abe gehörte, sagten Quellen am Samstag. Mehr zu Abes Ermordung
Schuss für die Mun-Sekte?
Bei seiner Vernehmung sagte Y., er habe aus Hass auf eine religiöse Gruppe gehandelt, die Abe unterstützt habe. Seine Mutter spendete große Geldsummen an die religiöse Organisation, die sie ruinierte. Weder die Polizei noch Japans staatliche Medien wollten die Gruppe bislang namentlich nennen. Das Online-Magazin „Gendai Business“ will jedoch aus Ermittlungskreisen erfahren haben, dass es sich um die umstrittene Vereinigungskirche des verstorbenen Gründers der koreanischen Sekte San Myung Mun handelt. Die auch als Mun-Sekte bekannte Vereinigungskirche hat Mitglieder in vielen Ländern, einschließlich Japan, und unterstützt konservative politische Anliegen. Politiker wie der frühere US-Präsident Donald Trump (76) und Abe gelten als befreundet mit ihr. Mun, der überzeugter Antikommunist war, gründete sie 1954. Dank seiner treuen Anhänger baute er ein Unternehmensimperium auf, das ihn zum Milliardär machte. Er war bekannt für große Shows, zu denen auch Massenhochzeiten gehörten. In den japanischen sozialen Medien war spekuliert worden, dass sich der Mörder Abe auf diese Gruppe bezogen haben könnte. Dafür gibt es keine Bestätigung. Medienberichten zufolge bestritt der geständige Mörder aus Wut gegen Abes politische Überzeugungen gehandelt zu haben. Ursprünglich hatte er gar nicht den rechtskonservativen Politiker im Visier, sondern einen religiösen Gruppenführer.
Japan wählt das Oberhaus
Nach dem Attentat waren die Wähler des Landes am Sonntag aufgerufen, darüber abzustimmen, wer das Oberhaus des nationalen Parlaments besetzen wird. Schon vor Abes Ermordung zeigten Umfragen, dass seine Liberaldemokratische Partei (LDP) und ihr Juniorpartner Komeito ihre bisherigen Mehrheiten wahrscheinlich festigen würden. Die Hälfte der 248 Sitze im House of Lords wird alle drei Jahre neu gewählt. Die Wahllokale schließen um 20:00 Uhr Ortszeit. Ein klarer Sieg würde die Machtposition von Premierminister Fumio Kishida in einer Zeit stärken, in der Japans wirtschaftliche Erholung von der Coronavirus-Pandemie durch steigende Energie- und Lebensmittelpreise bedroht ist. Angesichts der russischen Invasion in der Ukraine und des Machtstrebens Chinas fordert seine Partei auch eine deutliche Erhöhung der Militärausgaben. (männlich/SDA) * Der Name ist bekannt