Nach Mattarellas Absage könnte Draghi nun versuchen, seine Anhänger im Zweikammerparlament wieder zu vereinen und dies durch eine Vertrauensabstimmung bestätigen lassen. Auch mit der bisherigen Mehrparteienregierung hätte sie die nötige Mehrheit, auch ohne die Fünf-Sterne-Bewegung. Legende: Mario Draghi wollte nach fast 1,5 Jahren als Ministerpräsident zurücktreten. Reuters Draghis Anhänger dürften zwischen den bisher mitregierenden Sozialdemokraten und der Partei Italia Viva von Ex-Premier Matteo Renzi zu finden sein. Die rechtsextremen Fratelli d’Italia hingegen forderten vorgezogene Neuwahlen. Matteo Salvinis rechte Lega-Partei hat Neuwahlen in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen. Die populistische Ersatzpartei von Draghis Vorgänger Giuseppe Conte hat am Donnerstag entschieden, ein Hilfspaket im Wert von rund 26 Milliarden Euro nicht zu unterstützen. Die Fünf Sterne fordern mehr Hilfsgelder und haben sich geweigert, für eine Müllverbrennungsanlage in der von einem Müllchaos geplagten Stadt Rom zu stimmen. Er lehnt diese Investition seit Jahren ab. Einige Beobachter spekulieren, dass Conte zu hoch gespielt hat und nun die Kontrolle über seine Bewegung verloren hat.

Rezension von SRF-Korrespondent Philipp Zahn

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“Offiziell ist Draghis Regierung noch an der Macht, weil sein Rücktritt abgelehnt wurde”, sagt SRF-Korrespondent Philippe Jean. „Am kommenden Mittwoch wird es eine große Debatte geben, bei der Mario Draghi wieder alle Parteien ansprechen wird. Es könnte auch sein, dass diese Parteien ihm erneut ihr Vertrauen aussprechen.” Laut Zahn gibt es einige Anzeichen dafür, dass Draghi noch regieren könnte. “In Italien werden die Leute sagen, dass sie Draghi brauchen, zumindest um das Haushaltsgesetz für nächstes Jahr zu verabschieden.” Zahn kann sich auch Auslandstelefonate vorstellen – man könnte ihn nicht nur aus der EU, sondern auch aus dem Ausland anrufen und auf seine wichtige internationale Position verweisen. Aber Neuwahlen würden die gesamte politische Situation in Italien und der EU verändern, erklärt Zahn. Denn: „In den Meinungsumfragen führen Mitte-Rechts und Rechte. Das würde zu einer Regierung führen, die Europa erneut kritisieren würde.” Contes Star-Party befindet sich seit Wochen in einer Identitätskrise. Die Wahlurnen für die Wahlsieger 2018 stehen im Keller. Außenminister Luigi Di Maio hat kürzlich die von Berufskomiker Beppe Grillo gegründete Bewegung verlassen, deren Chef er einst war. In der neuen Partei Insieme per il futuro (Gemeinsam für die Zukunft) nahm er Dutzende seiner Mitbürger mit. Die Sterne waren damit nicht mehr die stärkste Fraktion im Bundestag und damit nicht ausschlaggebend für Vertrauensvoten. Wie es mit Conte und den fünf Sternen weitergeht, bleibt abzuwarten. Bildunterschrift: Am Nachmittag überstand Draghi ein Misstrauensvotum mit 172 zu 39 Stimmen. Aber die 5-Sterne-Bewegung unterstützte ihn nicht. Reuters