10.07.2022, 21:58 Uhr

Trotz des Attentats auf Ex-Premier Abe hält Japans Ministerpräsident Kishida an den Wahlen zum Oberhaus fest. Prognosen zufolge werden sich die LDP und ihr Koalitionspartner Komeito die Mehrheit der Sitze sichern. Doch bei den Wahlen dominiert der mörderische Anschlag. Zwei Tage nach dem tödlichen Attentat auf Ex-Premier Shinzo Abe hat die Regierungskoalition in Japan die Wahlen zum Oberhaus gewonnen. Die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) und ihr Koalitionspartner Komeito gewannen 83 der 125 zur Wahl stehenden Sitze im Unterhaus, berichtete der staatliche Sender NHK nach Abschluss der Wahllokale. Überschattet wurde die Wahl vom Tod des bis zuletzt sehr einflussreichen ehemaligen Regierungschefs. Die Sicherheitsvorkehrungen während der Wahl waren auf normalem Niveau, aber der mörderische Angriff war ein beherrschendes Thema bei den Wahlen. Bei der Wahl waren 125 der 248 Sitze im Oberhaus zu vergeben. Über 500 Kandidaten haben sich beworben. Laut NHK-Prognose gewannen Ministerpräsident Funio Kishida und Komeitos LDP 70 bis 83 Sitze. Abe warb am Freitag zur Unterstützung eines LDP-Kollegen in der westjapanischen Stadt Nara, als er ermordet wurde. Wenige Stunden später wurde der 67-Jährige im Krankenhaus für tot erklärt. Die Gewalttat eines 41-jährigen Arbeitslosen hat im In- und Ausland für Entsetzen gesorgt.

Geplantes Aufstehen für Montag

Premierminister Kishida hielt jedoch am Datum der Wahlen zum Oberhaus fest. “Wir können unter keinen Umständen zulassen, dass bei Wahlen Gewalt angewendet wird, um die Meinungsäußerung zu unterdrücken”, sagte er am Samstag. Es habe „die Verantwortung, diese Wahlen zum House of Lords auf freie, faire und sichere Weise durchzuführen“. In Japan sind in den nächsten drei Jahren keine weiteren nationalen Wahlen angesetzt. Kishida steht jedoch vor Herausforderungen wie steigenden Preisen und Energieknappheit. Abes Leiche wurde am Samstag nach Tokio geflogen. Laut seinem Büro ist für Montagnachmittag eine Totenwache geplant. Die Beisetzung des ehemaligen Regierungschefs soll am Dienstag im engen Kreis mit Angehörigen und engen Freunden stattfinden. Laut lokalen Medien werden die Totenwache und die Beerdigung im Zojoji-Tempel in Tokio stattfinden. US-Außenminister Anthony Blinken, der sich derzeit in Asien aufhält, kündigte für Montag einen Kondolenzbesuch in Japan an. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock besucht das Land, doch war die Reise vor Abes Tod geplant. An diesem Sonntag besuchte der Grünen-Politiker das Atombombenmuseum in Nagasaki. Am Montag will er in Tokio politische Gespräche führen.

Der Mörder gesteht

Abe war Japans am längsten amtierender Premierminister. Er vertrat nationalistische Positionen und wollte Japans pazifistische Verfassung ändern. Seine auf Konjunkturprogrammen und Deregulierung basierende Wirtschaftspolitik wurde als „Abenomics“ bekannt. Der Schütze, der kurz nach dem Angriff am Freitag festgenommen wurde, sagte in seinem Geständnis, dass er “einen Groll gegen eine bestimmte Organisation hege” und glaube, dass Abe mit ihr verwandt sei, teilte die Polizei mit. Die Polizei nannte die Organisation nicht. Laut japanischen Medien soll es sich um eine religiöse Gruppe handeln. Die Familie des Mörders geriet wegen der Spenden seiner Mutter an diese Gruppe in finanzielle Schwierigkeiten. Für den Mord hatte der 41-jährige Angreifer offenbar eine selbstgebaute Waffe benutzt. Der Polizeichef der Präfektur Nara, Tomoaki Onizuka, räumte das Versäumnis ein, Abe zu schützen, und versprach eine „gründliche Untersuchung“ der Fehler.