08.07.2022, 19:11 Uhr

Der Bundespräsident verlässt nicht nur die Einladung aus Kiew im April. Einem Medienbericht zufolge sucht er beim ukrainischen Staatsoberhaupt eine Erklärung des Vorgangs. Während des Telefonats soll Steinmeier richtig sauer geworden sein und dreimal nachgefragt haben, bevor er nachgab. Der Skandal um die abgesagte Kiew-Reise von Frank-Walter Steinmeier hat die Beziehungen zwischen dem Bundespräsidenten und dem ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymyr Selenskyj offenbar stärker belastet als bisher bekannt. Nach “Spiegel”-Informationen konfrontierte Steinmeier Selensky im ersten Telefonat zwischen den beiden Präsidenten nach der Beleidigung persönlich mit dem Fall und bat ihn um Aufklärung über die Hintergründe. Bevor er über die künftige Beziehung der beiden und neue Reisepläne sprechen wolle, müsse er zunächst noch einmal über die Vergangenheit sprechen, sagt Steinmeier Insidern laut dem Magazin. Die Landung war ein historischer Affront, beispiellos für das Staatsoberhaupt eines Verbündeten. Eine solche Störung der diplomatischen Praxis sei nicht hinnehmbar, soll der Bundespräsident im Telefongespräch vom 5. Mai geantwortet haben. Dafür hätte er gerne eine Erklärung. Als Selenskyj im Gespräch protestierte, nichts von dem Vorgang gewusst zu haben, soll Steinmeier wütend geworden sein. Er habe die gesamte Korrespondenz vor sich, sagte der Bundespräsident und bezog sich offenbar auf eine diplomatische Note der ukrainischen Regierung vom 12. April, dem Tag der Absage der Reise. „Bitte ersparen Sie sich und mir, das jetzt alles lesen zu müssen“, wurde Steinmeier zitiert. Nach weiterer Beruhigung durch Zelenskyj habe Steinmeier sogar noch ein drittes Mal nachgefragt, heißt es, und dann eine ausweichende, aber womöglich entsprechend gekränkte Antwort des Ukrainers erhalten. Erst dann lenkte der Bundespräsident ein. Das Bundespräsidialamt teilte auf Anfrage mit, es seien keine vertraulichen Gespräche gemeldet worden. Seitdem hatten Steinmeier und Selenskyj am 30. Juni ein weiteres Telefonat, in dem auch über die Reisen des Bundespräsidenten nach Kiew gesprochen worden sein soll.