Im April erklärte die Ukraine Frank-Walter Steinmeier zur Persona non grata. Der Bundespräsident durfte nicht an einem Treffen in Kiew teilnehmen. Nun gibt es neue Details zum Verlauf eines anschließenden Treffens zwischen Steinmeier und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Weitere Nachrichten zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier Der Skandal um die abgesagte Kiew-Reise von Frank-Walter Steinmeier hat die Beziehungen zwischen dem Bundespräsidenten und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj offenbar stärker belastet als bisher bekannt. Wie der Spiegel am Freitag berichtete, konfrontierte Steinmeier im ersten Telefonat der beiden Präsidenten seit der Beleidigung Selenskyjs Selenskyjs persönlich mit dem Fall und bat ihn wiederholt um Aufklärung der Hintergründe. Bevor er über die zukünftige Beziehung der beiden und neue Reisepläne sprechen wollte, musste Steinmeier Insidern zufolge während des Gesprächs noch einmal über die Vergangenheit sprechen. Die Entlassung war eine historische Beleidigung, beispiellos für das Staatsoberhaupt eines Verbündeten. Ein solcher Bruch der diplomatischen Praxis sei nicht hinnehmbar, soll der Bundespräsident im Telefongespräch vom 5. Mai geantwortet haben. Dafür hätte er gerne eine Erklärung.
“Bitte ersparen Sie sich und mir, jetzt alles lesen zu müssen”
Als Selenskyj in dem Gespräch protestierte, nichts von dem Vorgang gewusst zu haben, soll Steinmeier wütend geworden sein, berichtete der „Spiegel“ weiter. Der Bundespräsident sagte offenbar, er habe die gesamte Korrespondenz vor sich und bezog sich dabei auf ein diplomatisches Memo der ukrainischen Regierung vom 12. April, dem Tag der Absage der Reise. „Bitte ersparen Sie sich und mir, das jetzt alles lesen zu müssen“, wurde Steinmeier zitiert. Nach weiterer Beschwichtigung durch Selenskyj fragte Steinmeier laut “Spiegel” sogar ein drittes Mal nach. Daraufhin erhielt er eine ausweichende, aber möglicherweise angemessen verletzte Reaktion des Ukrainers. Erst dann lenkte der Bundespräsident ein.
Steinmeier entladen in kurzer Zeit
Auf Nachfrage teilte das Bundespräsidialamt dem Magazin mit, dass es nicht über vertrauliche Gespräche berichte. Seitdem habe am 30. Juni ein weiteres Telefonat zwischen Steinmeier und Selenskyj stattgefunden, in dem angeblich die Reisen des Bundespräsidenten nach Kiew besprochen worden seien. Ursprünglich wollte Steinmeier mit seinen Kollegen aus Polen und den drei baltischen Ländern Mitte April nach Kiew reisen. Der Bundespräsident, der als Außenminister und Bundeskanzler in der Vergangenheit die deutsche Russlandpolitik maßgeblich mitgestaltet hat, hatte zuvor angekündigt, dass die ukrainische Führung seinen Besuch abgelehnt habe. (MSS/AFP) Aktualisiert am 28.03.2022 09:41 Uhr Der Botschafter der Ukraine in Deutschland will nicht an einem vom Bundespräsidenten organisierten Solidaritätskonzert teilnehmen. “Nur russische Solisten, keine Ukrainer”, twitterte Botschafter Andriy Melnyk am Sonntag. “Eine Beleidigung. Tut mir leid, ich bleibe weg.” Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Berliner Philharmoniker sind am Sonntag um 11 Uhr zu einem Solidaritätskonzert mit der Ukraine geladen. (Bild: imago)