Parkinson ist nach Alzheimer die weltweit zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Bisherige Behandlungsansätze zielen darauf ab, den Mangel an Dopamin im Gehirn medikamentös auszugleichen. In den frühen Stadien können die Symptome gelindert werden. Allerdings können Medikamente den fortschreitenden Abbau von Nervenzellen nicht aufhalten. Eine kausale Behandlung ist jedoch nicht möglich, da die Ursachen der Parkinson-Krankheit noch nicht im Detail aufgeklärt sind. Forscher vermuten schon lange, dass Umwelteinflüsse wie Pestizide zu der Krankheit beitragen. Auch das lebenswichtige Spurenelement Kupfer wird als Einflussfaktor diskutiert.
Kupfer verdächtig
Ein Team um Olena Synhaivska von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf, Schweiz, hat nun die Rolle von Kupfer bei der Entstehung der Parkinson-Krankheit genauer unter die Lupe genommen. Kupfer wird über die Nahrung aufgenommen und erfüllt wichtige Funktionen im Zellstoffwechsel. Es spielt unter anderem eine wichtige Rolle beim Knochenwachstum, bei der Reizübertragung an Nervenzellen und bei der Produktion von Hormonen. Im Gehirn wirkt es jedoch zwiespältig: In Bezug auf die Alzheimer-Krankheit wurde es bereits sowohl als Risikofaktor als auch als Schutzfaktor diskutiert und könnte auch an der Entstehung der Parkinson-Krankheit beteiligt sein. Synhaivska und ihre Kollegen konzentrierten sich auf die Wechselwirkungen von Kupferionen mit dem Protein Alpha-Synuclein. Dieses Protein ist normalerweise wasserlöslich, liegt aber manchmal in anormaler aggregierter Form bei Parkinson-Patienten vor. Um herauszufinden, inwieweit Kupfer die Aggregation von Alpha-Synuclein beeinflusst, stellten die Forscher das Protein zunächst künstlich her und beobachteten es im Reagenzglas. Mittels Rasterkraftmikroskopie visualisierten sie, wie das Protein während der zehntägigen Beobachtungszeit zunächst einzelne unlösliche Filamente bildete, die sich schließlich zu einem dichten Netzwerk aggregierten.
Beschleunigte Akkumulation
In einem anderen experimentellen Ansatz fügten die Forscher der Alpha-Synuclein-Lösung Kupferionen hinzu und beobachteten die Ergebnisse. „Hohe Kupferdosen scheinen den Aggregationsprozess zu beschleunigen“, berichtet Synhaivskas Kollege Peter Nirmalraj. Neben den sich schneller bildenden Proteinfäden entdeckten die Forscher in der mit Kupfer versetzten Lösung eine weitere abnorme Form von Alpha-Synuclein: Bereits nach wenigen Stunden bildeten sich ringförmige Strukturen von etwa sieben Nanometern Größe. Diese sogenannten Oligomere wurden bisher mit Nervenzellschäden in Verbindung gebracht. Da sich die oligomeren Ringe zu Beginn der Umwandlung von gesundem Alpha-Synuclein in kranke Klumpen bilden, hofft Nirmalraj, sie als Angriffspunkt für neue Therapieansätze nutzen zu können. Außerdem könnten die Erkenntnisse dazu beitragen, einen diagnostischen Test zu entwickeln, mit dem die Parkinson-Krankheit im Frühstadium erkannt werden kann – zum Beispiel, wenn die ringförmige Variante von Alpha-Synuclein in Proben aus dem Liquor cerebrospinalis nachgewiesen werden könnte. Quelle: Olena Synhaivska (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Schweiz) et al., ACS Chemical Neuroscience, doi: 10.1021/acschemneuro.2c00021 © wissenschaft.de – Elena Bernard