Eismeister Zaugg Zwischen Bern und Zürich ist kein einziger Eishockeyverein oder Fussballteam der höchsten Liga weiter als 100 Kilometer entfernt. Olten und Langenthal füllen diese Lücke in einer der reichsten Industrieregionen der Welt und pflegen ihre Rivalität in der Swiss League. Doch nun steht Langendal vor dem Aus und Olten vor der Rückkehr in die erste Liga. 13.07.2022, 20:42 13.07.2022, 20:57 Manchmal finden wir die Wahrheit des Eishockeys an heißen Julitagen. In Langenthal verabschiedet sich Präsident Gian Kämpf an einer offiziellen Medienkonferenz ohne Einladung zum Essen vom neuen Stadionprojekt. Die ganzen Vorwürfe an die Politiker der Stadt, die es jahrelang nicht geschafft haben, ein Stadionprojekt in Betrieb zu nehmen. Spätestens 2031 gehen auf Schoren, der Valascia-Ebene, die Lichter aus. Früher darf Swiss League Eishockey nicht mehr gespielt werden. Der Mietvertrag läuft aus. Adieu Pläne für eine neue Arena, keine Perspektiven im alten Stadion – Langendal steht vor dem Ziel. Es sei denn, man schafft es, Eitelkeiten zu überwinden. Davon später mehr. Wenige Tage später spricht Olten-Präsident Marc Thommen, wie Kampf, ein Baumagnat, aber diplomatischer und politisch scharfsinniger, beim Geschäftsessen (Hotel Arte serviert feines Fleisch) über die Lösung des drängendsten Problems seines Stadions Olten: den Neubau Toilettenanlage hat gerade begonnen. Kann im ersten Heimspiel gegen Visp eingesetzt werden. Darüber hinaus sind Gespräche mit der Stadtverwaltung (der Stadt gehört das Stadion) über eine private Investition von 18 Millionen in vollem Gange. Die Oltners suchen und finden die Nähe zur Stadtpolitik. Sportlich sind die Aussichten gut: Wir sollten nicht ausschließen, dass die Oltners die SCL Tigers in der Meisterschaftsqualifikation im nächsten Frühjahr versenken. Die Oltners stehen also kurz davor, ihr Außenfeld auf NL-Best-Niveau auszubauen und sich auch auf den Off-Ice-Aufstieg vorzubereiten. Oltens grösstes Infrastrukturproblem sind die Toiletten, und Langenthal wird bald keinen Hockeypalast mehr haben. Welche Ironie: Vor einigen Jahren im Derby verhöhnten Langenthal-Fans die Oltners, indem sie im unsanierten Anzünder knallgelbe Bauhelme trugen. Im März 2007 war Olten noch Tabellenletzter und Langendal Spitze: Langendal gewann die Qualifikation, Olten kam nicht einmal in die Playoffs. Und Präsident Stephan Anliker präsentierte stolz eine externe Studie, die das Eishockey in der Oberliga in Langenthal für machbar erklärt. „Wir wollen hoch, aber wir müssen nicht“, konnte er ruhig erklären. Und unvergessen bleibt, wie der ehemalige Langenthaler Sportdirektor Reto Kläy (heute Zug) 2010 die Kult-Aussenseiter Jeff Campbell und Brent Kelly aus Olten stahl. Der Himmel, den er für ein neues Stadion plante – die Rede war von einem Schloss namens „Mittelland Arena“ – war noch voller Geigen. Und während Olten seit dem Abstieg 1994 nie den Gewinn der zweithöchsten Spielklasse schaffte, feierte Langenthal 2012, 2017 und 2019 den Titel. Doch vom Aufstieg war keine Rede mehr. Das Kleinholz in Olten hat Zukunft Bild: KEYSTONE Mittlerweile ist in Langenthal nur noch das Büro mit Geschäftsführer Alex Chatelain (ein Misserfolg als Sportdirektor in Bern) und Sportdirektor Kevin Schläpfer prominent besetzt. Weil das Geld zur Neige geht, ist die Mannschaft nur noch ein Schatten der glorreichen Zeit: Weil Gian Kämpf einen Einstellungsstopp verordnet hat, stehen nur noch 14 Spieler und keine Ausländer unter Vertrag und Sportdirektor Kevin Schläpfer, weil er sich gerade in Florida aufhält. Fremde nicht suchen. Sondern im Urlaub. Zu Recht hoffen die Fans in Olten auf grosse Derbysiege in der nächsten Saison. Dass ein Vereinspräsident, der in der Stadt als Riese gilt, sich offiziell von einem Stadionneubau verabschiedet und der Stadtpolitik den Fehdehandschuh zuwirft, obwohl das alte Stadion (im Besitz der Stadt) keine Zukunft mehr hat. Das ist einzigartig in der Geschichte unseres Eishockeys. Der SC Langenthal, seit langem einer der besten Hockeybetriebe des Landes mit einer Jugendorganisation, die immer wieder formidable Spieler hervorbringt (Noël Guyaz, Sven Bärtschi, Yannick Rathgeb, Luca Christen) und eine Frauenmannschaft in der höchsten Liga unterhält, hat Sport , wirtschaftliche und politische Manöver zum Stillstand. Eine Rückkehr ins Amateurhockey in der zweiten Liga ist nicht mehr ausgeschlossen. Es sei denn, die Langenthaler steigen von ihren hohen Rossen und überwinden ihre tiefen Eitelkeiten. Das Problem: Die Straße zum Nachbardorf scheint weiter als China zu sein. Ex-Präsident Stephan Anliker ist vor allem im Fußball als GC-Präsident überregional bekannt geworden. Überspitzt und stark vereinfacht kann man sagen, dass er in China seinen Retter gefunden hat: Die Chinesen kauften ihm die notorisch defizitären GC-Aktien ab. 8000 Kilometer näher als China wäre die Rettung für Gian Kämpf, den Nachfolger von Stephan Anliker beim SC Langenthal. Quasi im nächsten Dorf sozusagen. Langenthal (ca. 15’000 Einwohner) ist die wirtschaftliche und kulturelle Hauptstadt des Oberaargaus und liegt am Ende des Langetetals. Oben im Tal, kurz nach der Quelle des Flusses, liegt die Stadt Huttwil (ca. 5000 Einwohner). Von jeher sahen sich die Langenthaler als Herren und verachteten die Huttwiler Bauern. Diese Eitelkeit zieht sich durch alle sozialen Schichten. Es ist tief verwurzelt. Ausgerechnet im 20 Kilometer entfernten Huttwil finden wir die perfekte Lösung für den SC Langenthal. Ein Stadion in Privatbesitz mit zwei Rinkplätzen, das mit einer Investition von rund 3 Millionen in kürzester Zeit (keine politischen Entscheidungsprozesse) auf das beste Niveau der Schweizer Liga ausgebaut werden kann. Alles ist vorhanden: Restaurant, Parkplatz, Dreifach-Fitnessraum. Und mehr: Hockey Huttwil, Finalist der letzten Saison in der höchsten Amateurliga, spielt hier. In Zusammenarbeit mit dem SC Langenthal ist hier im Herzen der Schweiz das perfekte Hockey-Trainingszentrum möglich. Eine enge Zusammenarbeit mit dem SC Bern, Langnau und Biel im Bereich Bildung ist möglich. Es gibt sogar Visionäre, die das Mittelland als blühende Hockeylandschaft sehen: in Huttwil das Ausbildungszentrum, in Olten das Aushängeschild der höchsten Liga. Warum nicht? Aber ja, die Eitelkeiten. Den SC Langenthal, den Stolz der Meister, auf die Bauernwiese nach Huttwil verlegen? Nein, nein, nein und nochmal nein. Fast fühlt es sich an, als würden die ZSC Lions nach Kloten oder von Gottéron nach Düdingen ziehen. Es wird allerhand argumentiert, warum der Standort Huttwil nicht sinnvoll und machbar sei. Alles billige Ausreden. All jene, die das lautstark verkünden, niemals – niemals! – Oben in Huttwil zu einem Spiel des SCL, pilgert man an den neuen Standort und staunt, dass es dort Stadien mit Parkplätzen und eine grosszügige Kneipe gibt. Aber die Zeit könnte Langenthals Leute von ihrer Eitelkeit heilen. Denn zum Wechsel nach Huttwil, um weiter in der Swiss League zu spielen, gibt es keine Alternative. Und die Geschichte kennt ein Beispiel, wo es Huttwil besser geht: 1994 verschwand die Bank in Langenthal, dem Traditionshaus der Herren Langenthal, durch eine Fusion mit einer Grossbank. Aus der Bank in Huttwil, der Bauernbank, wurde derweil die Clientis Bank Oberaargau: mit prächtigem Hauptsitz im Jurapark, so etwas wie das Versailles der Oberaargauer Finanzindustrie im Herzen von Langenthal. Hier die Lösung: Nach dem Vorbild der Banken wird der SC Langenthal mit Hilfe des Standorts Huttwil zum SC Oberaargau. Was in den Grundstrukturen der heimischen Finanzwelt möglich war, soll auch im Sport möglich sein. Nicht mehr viel Zeit. Ab 2026 kann im «Schoren Hockey Museum» kein Swiss-League-Eishockey mehr gespielt werden. Nach einem Ausbruch eines Magen-Darm-Virus muss die Frauen-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Sheffield gegen Schweden antreten. Die Spieler sind nicht in Bestform, aber auch nicht ohne Optimismus. Das Schweizer Frauen-Nationalteam ist in Sheffield eingetroffen. Und fast vollständig. Was vor drei Tagen noch banal gewesen wäre, ist am Dienstag die beste Nachricht aus dem SFV-Einsatzlager der letzten 24 Stunden.