1999 war der damals 44-jährige Fahrlehrer auf dem Weg nach Samedan GR, um ein Verkehrssicherheitstraining durchzuführen. Auf der Straße über den Pass fährt ein Lastwagen vorbei. Er sagt, es gab keine Sicherheitslinie, keinen Überhol- und Gegenverkehr. Es sei auf einer geraden Straße passiert, der Lkw-Fahrer sagte damals, das Manöver sei für ihn kein Problem. Und doch war es eine fatale Entscheidung von Lienhardt. Anwalt erklärt: Das kann gegen Gagas Bußgelder getan werden (11:54)

Angezeigt für “abstraktes Risiko”

Denn unmittelbar vor dem Überholmanöver wurde Lienhardt von einem Streifenwagen der Polizei angefahren, der daraufhin im Spiegel bemerkte, wie der Fahrlehrer ihn überholt hatte. Die Beamten halten ihn an und melden ihn wegen “abstrakter Gefahr”. Das Straßenverkehrsrecht versteht unter abstraktem Risiko das theoretische Risiko, dass ein konkretes Risiko eintritt, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer im entscheidenden Moment in den Gefahrenbereich eindringt.

Führerscheinentzug, Berufsverbot, Lohnausfall

Ein Vorwurf, den Lienhard bis heute nicht nachvollziehen kann. „Der Fall verfolgt mich bis heute. Weil ich mich ungerecht behandelt fühlte. Als Verkehrspolizist und Fahrlehrer hatte ich nicht das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.” Lienhardt zog den Fall mit der Rechtsschutzversicherung vor Bundesgericht – vergeblich. Neben einer Busse von 500 Franken musste er seinen Führerschein für zwei Monate abgeben. Lienhard: „Der Entzug des Führerscheins bedeutete Berufsverbot – ich durfte nicht einmal Theorie unterrichten.“ Das Schwierigste für den Fahrlehrer: Er hatte zwei Monate lang kein Einkommen, was einen Lohnausfall von mindestens 16’000 Franken bedeutet. Außerdem gaben seine Schüler auf. „Es hat eine Weile gedauert, bis das Geschäft wieder angezogen hat“, sagt Lienhard rückblickend. Zuger (41) musste zahlen: Die Parkuhr steht mitten auf der Baustelle – Busse! (03:33)

Geschwindigkeitsreduzierung durch Hitze

Martin Hofstetter (52) aus Buchs ZH erhielt im Juni 2019 ein ebenso absurdes Urteil – wegen «fahrlässiger Verletzung der Verkehrsregeln». Damals hatte die Gemeinde Buchs die Geschwindigkeit auf der Verbindungsstrasse „Hand“ zwischen Buchs und Dielsdorf ZH von 80 km/h auf 40 km/h reduziert, um den Asphalt wegen der hohen Temperaturen zu schonen. Die Behörden nutzten die Gelegenheit, um an dieser Stelle einen schnellen Geschwindigkeitscheck durchzuführen. „Ich war mit 72 km/h unterwegs, das sind 32 km/h zu ‚schnell‘“, sagt Martin Hofstetter Blick. Aber: „Die Signalisierung war völlig unzureichend und falsch. An zwei Stellen wurden Schilder aufgestellt. Dazwischen gab es jedoch eine Kreuzung mit einer anderen Straße – ohne weitere Markierungen.“ In der Signalanlagenverordnung heißt es jedoch eindeutig: „Die erlassene Vorschrift gilt ab oder ab der Stelle, an der sich das Signal befindet, bis zum Ende der nächsten Kreuzung. Wenn es weiterhin gültig ist, wird das Signal dort wiederholt.’ Jürg (66) wehrt sich gegen Busse: „Notfalls gehe ich ins Gefängnis“ (01:29)

“Reine Willkür”

Und doch stand Hofstetter der Führerschein kurz bevor. Er sagt: „Ich habe den Prozess angefochten und bin im Juni 2020 vor Gericht gegangen und vom Amtsgericht Dielsdorf vollumfänglich freigesprochen worden.“ Die Steuerzahler mussten die Kosten von über 8000 Franken tragen. Begründung: Aufgrund falscher und unzureichender Signalisierung betrug die Höchstgeschwindigkeit an der Messstelle 80 km/h und nicht 40 km/h. Hofstetter ärgert sich noch immer über den Streich: „Es war reine Willkür, wegen der Hitze zu bremsen. Unter dem Strich ging es nur darum, das Bußgeld zu bezahlen.” Im Nachhinein ist er froh, dass er gegen das Urteil Berufung eingelegt hat. Denn: “Hätte ich mich nicht gewehrt, müsste ich das Ticket für mindestens drei Monate abgeben!” Skurriler Fall bei Binningen BL: „Ich habe fürs Parken bezahlt – die Busse kamen trotzdem“ (01:58)