Beil, der im August seinen 81. Geburtstag feiert, nähert sich Zuckmayers 1942 begonnenem „Sittenbild mit General“ dramatisch präzise an all jene Aspekte der Nazi-Anhängerschaft, die in Österreich nach 1945 allzu schnell und bereitwillig „vergessen“ wurden. Zuckmayer , der bereits 1933 als ausgesprochener Gegner des NS-Regimes aus Hitlerdeutschland an den Salzburger Wallersee emigriert war und seit 1938 im amerikanischen Exil lebte, schrieb das Werk in Erinnerung an seinen „Flieger General Deutsche Armee“ Ernst Udet. über den Ede 1941 in einer “kurzen Notiz” in amerikanischen Zeitungen las, er sei “beim Testen einer neuen Waffe tödlich verunglückt und mit einem Staatsbegräbnis beerdigt worden”. Ude, der leidenschaftliche Flieger und bewunderte Nazi-General, hatte schon lange gewusst, dass der Nationalsozialismus „die Menschenwürde nicht mehr anerkennt“, sich aber entschieden, nicht zu gehen – und sich entschieden zu sterben. Ein Tod, der eher dem entspricht, was Zuckmayer dem in Udet lebenden Flieger General Harras in den Mund legen würde: „vom Teufel gefangen“ – dem Teufel, dem man sich verschrieben hatte, wenn auch nur für kurze Zeit. Harras weiß auch, dass jeder, der dem Teufel dient, eines Tages mit ihm in der Hölle schmoren muss. „Schüttle den Staub dieses Landes von deinen Schultern, geh hinaus in die Welt und komm nie wieder zurück“, hatte Ude seinem Freund 1936 bei einem „leichtsinnigen Besuch“ bei Zuckmeier in Berlin zum Abschied geraten.

Beeindruckendes Kaleidoskop an Charakteren

Zuckmayer gelang dies mit seinem ab 1942 verfassten „Auf der Arche“ (ungefähr zur selben Zeit arbeitete der Autor auch an seinem „Geheimbericht“ für das US Office of Strategic Services, der 150 „Charakterporträts“ für Künstler des „Dritten Reiches“ enthielt). “) und 1946 am Schauspielhaus Zürich mit Gustav Knuth in der Titelrolle ein beeindruckendes Kaleidoskop von Charakteren, die der NS-Staat mitbrachte: vom blind ergebenen, blind wütenden Nationalsozialisten bis zur Figur des NS-Kulturführers Dr Schmidt-Lausitz, die Tobias Voigt in dieser Inszenierung nicht ganz zufällig als die von Dr. Angeklagten um Nicolaus Hagg und Elisa Seydel charakterisiert, die sich als liebevolles und keineswegs „militärisches“ Ehepaar Friedrich und Anna Eilers bemühen, ihr Bestes zu geben Rollen jene ambivalente Färbung, die zwischen Aufregung und Verzweiflung oszilliert und deutlich macht, dass nicht alle Mitläufer einfach „böse“ waren. Parem in der Tat ein Problem seiner Figurenentwürfe, das Zuckmayer etwa zehn Jahre nach dem durchschlagenden Erfolg seines Werks allzu bewusst wurde, aber erst ab 1963 zurückgezogen wurde, bis drei Jahre später eine überarbeitete Fassung erschien. Johanna Arrouas als Waltraut von Mohrungen, genannt Pützchen, mit Stefan Jürgens als Harras. – © Lalo Jodlbauer Auch sein Haras zeichnet sich durch jene Ambivalenzen aus, die frühe Inszenierungen gerne „übersehen“: ganz „deutscher Held“ und doch nicht blind für die eigenen Übertretungen. Stefan Jürgens spielt diesen Harras mit aufrichtigem Charme und beständiger Freundlichkeit, was es manchmal schwierig macht, ihn überhaupt als “fett fett” zu sehen, sein Spiel ist an manchen Stellen sehr weich und “geheimnisvoll”. Emese Fay, die es glaubhaft schafft, Harras’ Jugendliebe Olivia Geiß zwischen Diva und echter Zuneigung zu erschaffen, ist in dieser Inszenierung besonders stark, André Pohl als gebrochene, aber belastbare Chefklage von Oderbruchs Ingenieur und David Oberkogler als verzweifelter Flugoffizier Hartman liefern eine ab der stärksten Szenen des Abends. Dirk Nocker, Johanna Prosl und Rainer Friedrichsen tun sich schwerer, ihren Figuren die vielschichtige Ambivalenz zu geben, die Zuckmayer beabsichtigte, und verfallen entweder tief in Berliner Schnauzen- oder Jungmädchen-Klischees (weiße Lackschuhe inklusive). Hermann Beils dementiert das von ihm kuratierte, raffiniert verdichtete Stück rundheraus, verkennt aber einen wirklichen Versuch, gewohnte Pfade zu verlassen und den Schauspielern mehr Möglichkeiten für schauspielerische Ausflüge in die Gegenwart zu geben. Theater “Des Teufels General” von Carl ZuckmayerHermann Beil (Regie)Festspiele ReichenauWh. bis 6.8