Die Bundesregierung sollte bei ihrer Reaktion auf den Ukraine-Krieg deutsche Interessen stärker berücksichtigen – sagte AfD-Chef Chrupalla im ARD-Sommerinterview. Was den innerparteilichen Machtkampf betrifft, zeigte er sich entspannt.
AfD-Fraktionschef Tino Hroupalla forderte die Bundesregierung auf, angesichts des Krieges in der Ukraine stärker auf lokale Belange zu achten: “Das ist im deutschen Interesse.” Er kritisierte insbesondere die Sanktionen gegen Russland, weil diese deutschen Unternehmen und Bürgern “am meisten schaden”: “Wir haben einen Wirtschaftskrieg gegen Russland begonnen.”
Allerdings spricht sich in Meinungsumfragen eine deutliche Mehrheit der Deutschen für eine Unterstützung der Ukraine aus, auch wenn dies zu höheren Kosten führt. Zudem prognostiziert die EU einen Rückgang der Wirtschaftskraft Russlands um rund zehn Prozent, während die EU-Produktion voraussichtlich um mehr als zwei Prozent steigen wird.
„Hier geht es um deutsche Interessen“, sagte AfD-Vizechef Tino Chrupalla
Bericht aus Berlin, 17. Juli 2022
Chrupalla betonte, dass er und seine Partei den russischen Angriff verurteilten. Der Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden, Kriegsopfer müssen „auf beiden Seiten“, also der Ukraine und Russland, verhindert werden. “Ich kann nicht akzeptieren, dass wir uns als Deutschland so freizügig der Unterstützung beider Seiten hingeben.” Chrupalla fragte: „Wollen wir einen dritten Weltkrieg riskieren, indem wir weiterhin Waffen liefern und vielleicht von Russland als kriegführend anerkannt werden?“
Chrupalla verteidigte die Nähe von Teilen seiner Partei zu Russland – AfD-Abgeordnete seien in der Vergangenheit mehrfach zu Reisen nach Russland eingeladen worden und hätten etwa an Wahlen teilgenommen, während die OSZE ein solches Vorhaben ablehnte. Es ist nicht “die Puppe, die mit Putin spricht”. Aber: “Wir pflegen und wollen weiterhin gute Kontakte zu allen Ländern pflegen, zu Amerika ebenso wie zu Russland.”
Wahlverhalten für Sondervermögen verteidigt
Obwohl die AfD in ihrem Parteiprogramm eigentlich eine bessere Ausstattung der Bundeswehr fordert, verteidigte Chrupalla seine Enthaltung bei der Abstimmung über den Sonderfonds für die Truppe. Die Ampelkoalition hatte sie vorangetrieben und auch viele AfD-Abgeordnete haben dafür gestimmt. Chrupalla sagte, er sei gegen den Deal, weil er durch zusätzliche Schulden finanziert wurde. „Ich bin der Meinung, dass das in einen ordentlichen Bundeshaushalt gehört, wo auch gegenfinanziert werden sollte.“
Keine Strukturversorgung
Angesprochen auf den parteiinternen Streit mit dem rechten Lager um Björn Höcke betonte Chrupalla, er lasse sich davon nicht beirren. Höcke hatte Chrupalla eine zweijährige „Probezeit“ als Parteivorsitzender gewährt. Chrupalla zeigte sich unbeeindruckt: „Zwei Jahre sind eine Prüfung für alle, jeder wird sein Zeugnis ablegen müssen, das gilt auch für Alice Weidel.“
Den geplanten Strukturausschuss, den Höcke offenbar leiten sollte und der grundlegende Reformen in der Partei anstoßen sollte, wird es nicht geben. Grund ist, dass der Parteitag in Riesa wegen offener Kontroversen nicht darüber abstimmen konnte. “Es ist ein Pass, weil noch keine Entscheidung getroffen wurde”, sagte Chrupalla.