Klaus Müller (51), ehemaliger Umweltminister in Schleswig-Holstein (für die Grünen) und Verbraucherschutzpräsident, ist seit März Präsident der wichtigen Bundesnetzagentur. Als solches warnt sie vor möglichen Engpässen und einer Verdreifachung der Gaspreise im nächsten Jahr. BILD am SONNTAG: Herr Müller, wo stehen wir heute mit der Wintervorbereitung? KlausMüller: „Gasspeicher sind zu fast 65 Prozent gefüllt. Das ist besser als in den Wochen zuvor, aber immer noch nicht genug, um ohne russisches Gas durch den Winter zu kommen. Die Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 sollen am Donnerstag abgeschlossen werden. Jetzt hängt viel davon ab, ob und wie viel Gas durch die Pipeline fließt.“ Wie lange würde es dauern, wenn die Lieferungen aus Russland eingestellt würden, bevor Erdgas auf dem Weltmarkt so teuer würde, dass Energiekonzerne den Preis an die Verbraucher weitergeben könnten? Müller: „In dieser Woche gab es keine nennenswerte Preiserhöhung, obwohl Nord Stream 1 abgeschaltet wurde. Dies könnte bedeuten, dass die Märkte den Verlust russischer Gaslieferungen bereits eingepreist haben und wir ein Plateau bei den Gaspreisen erreicht haben. Ob sich diese höheren Preise, die wir der Reduzierung des russischen Gases verdanken, kurzfristig durchsetzen, ist noch offen.”
“Keine Panik”
Die ersten Gemeinden haben bereits damit begonnen, Heizräume für den Winter einzurichten. Ist das angemessen? Müller: „Wir sollten nicht in Panik verfallen. Wärmestuben für Bedürftige spielen in den Plänen der Bundesnetzagentur keine Rolle.”
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Allerdings befürchten die Menschen, dass die Heizung im Winter abgestellt wird. Können Sie versprechen, dass es nicht dazu kommt?
Müller: „Private Haushalte müssen sich am wenigsten Sorgen machen. Sie werden am längsten mit Erdgas versorgt, viel länger als beispielsweise die Industrie. Außerdem gibt es kein Szenario, in dem uns das Benzin komplett ausgeht. Auch wenn Russland kein Erdgas mehr liefert, werden wir weiterhin Gas aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien oder zukünftig von den deutschen Gasterminals beziehen.“
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Nach welchen Kriterien wird entschieden, wer bei Engpässen zuerst Gas abstellen soll?
Müller: „Bei einem Erdgas-Notfall müssen wir genau abwägen, welche Unternehmen weiter liefern und welche nicht. Der Hauptfaktor dabei ist, welchen Schaden die Gasstörung anrichten würde – finanziell, aber auch für die Lieferketten als Ganzes.
Hinzu kommt: Es kann vorkommen, dass nur einzelne Gebiete in Deutschland von einer Gasknappheit betroffen sind, etwa weil sie am Ende des Gasnetzes liegen oder einen besonders hohen Verbrauch haben.
(Anm. d. Red. – Was Müller nicht konkret sagt: Bayern und Baden-Württemberg sind weit entfernt von Gaslieferungen und besonders stark in der Industrie)
Foto: BILD
Sollen Erdgasexporte in andere europäische Länder verboten werden?
Müller: „Wir haben eine Solidaritätspflicht gegenüber unseren Nachbarn und es wäre gut, sie nicht zu beleidigen. Da wir derzeit von LPG-Häfen in Belgien und den Niederlanden profitieren, sind wir auch in der Pflicht, unseren Nachbarländern im Notfall bei der Versorgung von Privathaushalten oder Krankenhäusern zu helfen.“
Wie viele kritische Winter stehen uns noch bevor?
Müller: „Wahrscheinlich müssen wir zwei Winter lang damit leben, dass uns das Benzin ausgeht. Für den Sommer 2024 erwartet der Bundesfinanzminister, dass wir dann unabhängig von russischem Gas sind. Aber es stimmt auch, dass die Preise wahrscheinlich nicht mehr so niedrig sein werden wie früher.”
Der Stadtchef warnt davor, dass Habeck das Gasziel nicht erreichen kann
Quelle: BILD 12.07.2022
title: “Bundesnetzagentur Chef Wir D Rfen Keine Panik Machen Politik " ShowToc: true date: “2022-11-19” author: “Mabel Larsen”
Klaus Müller (51), ehemaliger Umweltminister in Schleswig-Holstein (für die Grünen) und Verbraucherschutzpräsident, ist seit März Präsident der wichtigen Bundesnetzagentur. Als solches warnt sie vor möglichen Engpässen und einer Verdreifachung der Gaspreise im nächsten Jahr. BILD am SONNTAG: Herr Müller, wo stehen wir heute mit der Wintervorbereitung? KlausMüller: „Gasspeicher sind zu fast 65 Prozent gefüllt. Das ist besser als in den Wochen zuvor, aber immer noch nicht genug, um ohne russisches Gas durch den Winter zu kommen. Die Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 sollen am Donnerstag abgeschlossen werden. Jetzt hängt viel davon ab, ob und wie viel Gas durch die Pipeline fließt.“ Wie lange würde es dauern, wenn die Lieferungen aus Russland eingestellt würden, bevor Erdgas auf dem Weltmarkt so teuer würde, dass Energiekonzerne den Preis an die Verbraucher weitergeben könnten? Müller: „In dieser Woche gab es keine nennenswerte Preiserhöhung, obwohl Nord Stream 1 abgeschaltet wurde. Dies könnte bedeuten, dass die Märkte den Verlust russischer Gaslieferungen bereits eingepreist haben und wir ein Plateau bei den Gaspreisen erreicht haben. Ob sich diese höheren Preise, die wir der Reduzierung des russischen Gases verdanken, kurzfristig durchsetzen, ist noch offen.”
“Keine Panik”
Die ersten Gemeinden haben bereits damit begonnen, Heizräume für den Winter einzurichten. Ist das angemessen? Müller: „Wir sollten nicht in Panik verfallen. Wärmestuben für Bedürftige spielen in den Plänen der Bundesnetzagentur keine Rolle.”
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Müller: „Private Haushalte müssen sich am wenigsten Sorgen machen. Sie werden am längsten mit Erdgas versorgt, viel länger als beispielsweise die Industrie. Außerdem gibt es kein Szenario, in dem uns das Benzin komplett ausgeht. Auch wenn Russland kein Erdgas mehr liefert, werden wir weiterhin Gas aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien oder zukünftig von den deutschen Gasterminals beziehen.“
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Hinzu kommt: Es kann vorkommen, dass nur einzelne Gebiete in Deutschland von einer Gasknappheit betroffen sind, etwa weil sie am Ende des Gasnetzes liegen oder einen besonders hohen Verbrauch haben.
(Anm. d. Red. – Was Müller nicht konkret sagt: Bayern und Baden-Württemberg sind weit entfernt von Gaslieferungen und besonders stark in der Industrie)
Foto: BILD
Sollen Erdgasexporte in andere europäische Länder verboten werden?
Müller: „Wir haben eine Solidaritätspflicht gegenüber unseren Nachbarn und es wäre gut, sie nicht zu beleidigen. Da wir derzeit von LPG-Häfen in Belgien und den Niederlanden profitieren, sind wir auch in der Pflicht, unseren Nachbarländern im Notfall bei der Versorgung von Privathaushalten oder Krankenhäusern zu helfen.“
Wie viele kritische Winter stehen uns noch bevor?
Müller: „Wahrscheinlich müssen wir zwei Winter lang damit leben, dass uns das Benzin ausgeht. Für den Sommer 2024 erwartet der Bundesfinanzminister, dass wir dann unabhängig von russischem Gas sind. Aber es stimmt auch, dass die Preise wahrscheinlich nicht mehr so niedrig sein werden wie früher.”
Der Stadtchef warnt davor, dass Habeck das Gasziel nicht erreichen kann
Quelle: BILD 12.07.2022