“Ein anonymer Anrufer hat mich gemeldet” Jürg Hirschi wurde wegen angeblich zu langsamer Fahrt auf dem Julierpass mit einer Busse bestraft. Die Beweise der Staatsanwaltschaft überzeugen den Berner Unternehmer jedoch nicht – und auch die Behörden räumen ein, dass berechtigte Zweifel bestehen. Gepostet: 11.07.2022 um 00:24 Jürg Hirschi (66) wird diesen Tag nie vergessen: Am 20. Februar 2022 wollte er mit seiner Lebensgefährtin von Samedan GR nach Kappelen BE fahren. Hinter ihm der legendäre White Turf in St. Moritz GR. Er hatte zu diesem Anlass ein Pferd dabei, das er den Kindern zur Verfügung gestellt hatte. Doch weit kam der Berner mit seinem Ford Ranger nicht. „In Tiefencastel GR hat mich die Polizei angehalten. Ein anonymer Anrufer teilte mir mit, dass ich zu spät am Julier Pass gefahren sei.“ Das ist lächerlich, sagt Hirschi, er fährt seit Jahren Pferde und Lasten und hatte nie ein Problem. „An diesem Tag waren allerdings fast alle Ausstellungsräume belegt, in denen ich Fahrzeuge durchlassen konnte. Deshalb habe ich wann immer möglich den Blinker verwendet. Ausserdem habe ich von Samedan bis Tiefencastel genau 75 Minuten gebraucht. Laut Google Maps dauert die Fahrt normalerweise knapp eine Stunde, also kann ich nicht so langsam gewesen sein.” Die Begründung fiel flach.
“Die Polizei weiß es nicht”
Am 20. Mai wurde Hirschi von der Staatsanwaltschaft Graubünden mit einer Busse von 780 Franken belegt. Der Vorwurf: Missachtung der Verkehrsregeln. Als Beweismittel gaben die Beamten an, hinter ihm 175 Autos gezählt zu haben. Hirschi: „Das macht keinen Sinn. Gestoppt wurde ich erst nach einem Kreisverkehr in Tiefencastel, wo viele Pässe zusammenlaufen. Die Polizei kann nicht wissen, welche Autos hinter mir auf der Julier waren und welche die anderen Fahrspuren heruntergekommen sind. Vor mir waren auch diverse Fahrzeuge, darunter mehrere Pferdetransporter.“ Hirsi legte gegen das Urteil Berufung ein. „Natürlich musste die Fahrweise der Belastung angepasst werden“, erklärte die Staatsanwaltschaft Mitte Juni. Aber er setzte das Urteil aus und berief sich auf eine anonyme Zeugenaussage zu allen 175 Fahrzeugen. “Ich verstehe die Welt nicht mehr”, sagt Hirschi. „Warum glaubt die Staatsanwaltschaft einem anonymen Zeugen, der dann die Polizei mehr informiert hat als mir und meinem Partner? Und was ist mit den 175 Fahrzeugen?“ Hirschi hat diverse andere Fragen und verweigert die Zahlung. Stattdessen geht es mit dem Elfmeterschießen weiter. Der zuständige Staatsanwalt sagt gegenüber Blick, dass viele Fragen der Angeklagten durchaus berechtigt seien, sie aber nicht in der Zeitung beantwortet haben wollen. Nach dem Widerspruch würde nun ein entsprechendes Verfahren eingeleitet und die Staatsanwaltschaft die Beweise sichten. Das könnte Sie auch interessieren