Eine Woche zuvor, nach der Ermordung des ehemaligen Premierministers Shinzo Abe, sprach der mehrsprachige Richter dem japanischen Volk auf Englisch sein Beileid aus. Während Berset das Weltgeschehen während der Sommerpause genau im Auge behält, schweigt er unerschütterlich über heikle Vorfälle, die ihn und seine Regierung direkt betreffen. Jetzt mit seinem neusten Fahnenflucht, das dem Sozialdemokraten einen Ehrenplatz auf der Lächerlichkeitsgalerie des Bundesrates gesichert hat.

Privatangelegenheit;

Der Innenminister, der einen Pilotenschein besitzt, mietete am 5. Juli eine einmotorige Cessna und verließ Écuvillens in Freiburg in Richtung Frankreich. Im Luftraum des Nachbarlandes kam die Reise dann zustande. Berchet wurde von einem Rafale-Kampfflugzeug der französischen Luftwaffe abgefangen und zur Landung gezwungen. Eine Rekonstruktion seiner Route legt nahe, dass der Schweizer Richter einem Militärflugplatz sehr nahe gekommen ist. Sogar Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (44) wurde laut «NZZ» informiert. Obwohl das Staatsoberhaupt der Elysees über die Odyssee informiert war, versuchte Berchet, den Vorfall zu Hause geheim zu halten. Wie die Recherchen des Sonntagsblick zeigen, informierte Berset nicht einmal seine Kollegen im Bundesrat. Sein Sprecher, Christian Favre, bestätigte auf Anfrage: „Nach unserem Kenntnisstand wurde kein Gerichtsverfahren eingeleitet. Die Situation rechtfertigte keine Auskunft des Bundesrates.» Bersets Division (EDI) reagierte auf Medienanfragen nur eine Woche nach der Reise mit einer kurzen Pressemitteilung. Der Bundesrat soll alleine unterwegs gewesen sein. Privatangelegenheit. Demnach dürften Mitglieder der Landesregierung erst aus den Medien erfahren haben, welch unglückliche Position ihr Kollege Berset in Frankreich eingenommen hatte.

Pokerface

Erst verbeugen, dann die Klappe halten: Das scheint ein Muster für die Freiburger zu sein. Hide and seek odyssey ist nicht Berches erstes Versteckspiel. Ein weiteres Beispiel: Am 18. Mai 2022 hielten Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) und Börsenmeister Ueli Maurer (71) nach der gemeinsamen Bundesratssitzung eine Medienkonferenz in Bern ab. Thema war die Rettungsaktion für die Stromwirtschaft. Was die Landesregierung nicht wusste: Bersets rechte Hand, der damalige Medienchef Peter Lauener (52), war zu diesem Zeitpunkt seit 24 Stunden im Zürcher Untersuchungsgefängnis. Ein Sonderermittler wirft ihm im Zusammenhang mit dem Verschlüsselungsfall Verletzung des Berufsgeheimnisses vor. Für Berset und Lauener gilt die Unschuldsvermutung. Auf Nachfrage gab sich ein Sprecher von Maurer und Sommaruga diplomatisch: Zu Personalangelegenheiten anderer Ressorts äussere man sich in der Regel nicht. Ermittlungen zeigen jedoch, dass der Innenminister es nicht für erforderlich hielt, das gesamte Gremium über den Sprengstoffprozess seines Mitarbeiters zu informieren. Ein Bundesrat soll außer sich gewesen sein, dass er das aus der Presse erfahren musste. Während Berset der Regierung ein Pokerface aufsetzte, zogen seine Leute hinter den Kulissen eifrig an den Fäden, um ihren wichtigen Mitarbeiter wieder zu befreien. Denn Löwener war bei Berce mehr als nur Medienchef. Die zweijährige Pandemie hat die beiden zusammengeschweißt, sie zu Fans gemacht.

Die Regierungsmitglieder werden abgesetzt

Lauener wurde erst am 22. Mai freigelassen, pünktlich zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos GR. Dort hatte sein Chef eine straffe Agenda. Geplant waren Gespräche mit den Präsidenten von Kolumbien und Simbabwe sowie Treffen mit den Staats- und Regierungschefs von Tunesien und Kosovo sowie die Teilnahme an einer Diskussion über globale Gesundheit. Man kann nur vermuten, dass der Kommunikationschef von dem strengen Haftregime gezeichnet war. Jedenfalls verzichte der ansonsten auftragsbewusste Innenminister “auf Medienauftritte beim WEF”, hieß es in dem Schriftsatz. Zwei Wochen später wurde Lauener gekündigt – und die Öffentlichkeit mit einem kurzen Text angelockt, der wenig Bezug zur Realität hat: „Der ehemalige Journalist und Kommunikationsexperte will sich beruflich neu orientieren“, teilte das Innenministerium am 8. Juni mit. Die mangelnde Transparenz gegenüber den Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat sagt etwas über das dort vorherrschende Selbstverständnis aus. Und erst recht für die Stimmung in einer Regierung, deren Mitglieder sich nach der durch die Pandemie auferlegten Solidarität zunehmend entfremden. Eine Ansicht, die derzeit viele im National- und Ständerat teilen. Man sehe, dass sich die Bundesräte nicht mehr zu bekreuzigen wagten, sagt SVP-Aussenpolitiker Roland Rino Büchel (56, SG). „Das Schlimme ist, dass dieses gegenseitige Misstrauen berechtigt erscheint. Dieser Körper durchläuft eine schwierige Phase.”

“Ich werde Berset nicht im Winter zum Bundespräsidenten wählen”

FDP-Staatsrat Damian Müller (37) betont, dass der Grundsatz „privat ist privat“ gilt. “Aber diese Vorfälle haben sicherlich einen politischen Aspekt und deshalb hätte Berche seine Kollegen informieren müssen.” Die Geheimhaltung sei symbolisch für die Stimmung im Bundesrat, so der Luzerner. Die Eskapaden des EDI-Chefs sorgen auch in der Verwaltung für Empörung. Ein hochrangiger Regierungsbeamter sagt gegenüber SonntagsBlick: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die kommenden Herausforderungen der Nation zu bewältigen – Inflation, Energiekrise, Flüchtlinge. Ich habe Kollegen im Büro, die selten eine Kaffeepause machen. Und der Innenminister gönnt sich einen gemütlichen Rundflug.“ Es gibt bürgerliche Abgeordnete, die Alain Berset nicht im Dezember zum Präsidenten wählen wollen. Es sei daher verständlich, dass sie dem Gesundheitsminister bei einem schlechten Ergebnis eine symbolische Ohrfeige verpassen würden: «Ich werde Berche im Winter nicht zum Bundespräsidenten wählen», sagt SVP-Nationalrat Buschel heute. “Und ich wäre nicht überrascht, wenn einige der ziemlich fähigen und ehrgeizigen Leute bei SP darüber nachdenken, ob ihre Zeit gekommen ist.”