Im ARD-Sommerinterview kritisierte CSU-Chef Söder scharf den Umgang der Ampel mit der aktuellen Krise. Er forderte erneut den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke und mehr Entlastungen für die Bürger.

Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat im ARD-Sommerinterview die Ampelpolitik der Regierung in der aktuellen Krise kritisiert. Die Bundesregierung trifft zu wenig Vorkehrungen für mögliche Gasengpässe. „Italien meldete dieser Tage, Erdgasversorgung sei alles gesichert, Verträge mit Katar. Wo ist das Ersatzgas in Deutschland? (…) Wir wissen nicht, ob die Terminals genehmigt werden, ob es genügend Schiffe für flüssiges Erdgas gibt Gas Gas Wir wissen nicht, ob die Energieversorgung Süddeutschlands gewährleistet ist.“

Er sei sehr erstaunt, dass lange nicht daran gedacht worden sei, dass Russland die Gaslieferungen stoppen könne, sagte Söder und warnte angesichts der unsicheren Gasversorgung vor „einem echten Chaos, das uns im Winter erwartet“.

„Oberste Priorität hat die Bewältigung einer Krise“

Berichterstattung aus Berlin – Sommerinterview mit Markus Söder, 10. Juli 2022

Er befürchte, „dass vielen Mittelverdienern der Abstieg droht“ und die Wirtschaft „einen regelrechten Schlaganfall“ erleide, von dem wir uns kaum erholen werden. Den Menschen in der Ukraine zu helfen, sei wichtig, sagte Söder, „aber natürlich müssen wir uns in erster Linie um unsere Bevölkerung kümmern, die Menschen in Deutschland, und wir dürfen nicht zulassen, dass Deutschland am Ende den Bach runtergeht und Millionen Menschen werden es tun am Ende verarmen sie.”

Kritik an Hilfsmaßnahmen

Weitere Entlastungen für die Bürger seien nötig, sagte Söder. Die Ampel habe bisher „sehr merkwürdig“ funktioniert. Finanzminister Christian Lindner hat 300 Milliarden Schulden gemacht, als es nicht nötig war. Er kritisierte die bisher beschlossenen Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung, unter anderem weil Rentner nicht berücksichtigt worden seien.

Söder forderte umfangreiche Steuersenkungen – sowohl für Industriestrom und Handwerk, als auch Energiemaßnahmen für alle Menschen in der Bevölkerung. Die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel soll gesenkt werden. Er stimmt Lindner zu, dass die kalte Evolution angegangen werden muss. “Ich finde, eine Regierung sollte natürlich die Parteien auf ihre Programme schauen. Das ist ziemlich klar, aber oberste Priorität hat die Bewältigung einer Krise.”

Söder zum Weiterbetrieb von Atomkraftwerken

Söder sprach sich erneut für den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken aus. Die Wende nach Fukushima hat nicht so funktioniert, wie viele es sich vorgestellt haben. In der aktuellen Situation macht es keinen Sinn, Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen.

Laut Söder ist es „letztlich eine Partei“, die das verhindert. Er warf den Grünen vor, aus ideologischen Gründen auf die Abschaltung der Atomkraft zu bestehen, und nannte es “unverständlich”, dass die FDP mitmacht.

Angesprochen auf den oft als unzureichend kritisierten Ausbau der Windkraft in Bayern zeigte sich Söder überzeugt, dass Bayern im Onshore-Bereich, also der Gewinnung von Energie aus Wind auf dem Festland, bis zum 20 Ende des Jahrzehnts.

Ende der kostenlosen Testversionen „grundsätzliche Fehlentscheidung“

Beim Umgang mit der Coronavirus-Pandemie kritisierte Söder, dass die Bundesregierung die Länder weitgehend ausgeschlossen habe. Daher die Wahrnehmung, dass die Bundesregierung jetzt entscheiden muss und viele Entscheidungen nicht versteht.

Während Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor “Killervarianten” warnen würde, wollte Justizminister Marco Buschmann die Wirksamkeit der Masken testen. Das sei, so Söder, wie Regenschirme auf ihre Schutzfunktion gegen Regen zu testen. Das Ende kostenloser Prüfungen sei eine “grundlegende Fehlentscheidung”. Die Bundesregierung muss das wieder ändern. Es unterstützt einen Dreiklang aus Testen, Maskieren und Impfung.

Keine neue CSU-Chance auf Kanzlerkandidatur

Auf die Frage nach einem möglichen erneuten Versuch einer Kanzlerkandidatur lehnte Söder ab. In der CDU gibt es mehrere Kandidaten, die in Frage kommen. „Ich weiß, Daniel Günther wird sicher darüber nachdenken, Hendrik Wüst und viele andere“, sagte Söder über die Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die CSU wäre derzeit keine Option. Er arbeite eng mit CDU-Chef Friedrich Merz zusammen, sagte Söder und lobte Merz als Oppositionsführer im Bundestag.

Seine Aufgabe sei es nun, in Bayern ordentlich zu arbeiten, sagte der bayerische Ministerpräsident. Ein Blick in die Geschichte zeigt auch, dass es nie ein Bayer ins Kanzleramt geschafft hat – und normalerweise bekam früher jeder nur eine Chance.

Vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr galt Söder lange Zeit als aussichtsreicher Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Nach langem Ringen musste sich der CSU-Präsident schließlich dem damaligen CDU-Chef und NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet geschlagen geben – der daraufhin das Kanzleramt verlor.