14.07.2022, 16:20 Uhr
Bisher kann Alzheimer nur diagnostiziert werden, wenn Symptome vorhanden sind. Aber dann sind die Neuronen im Gehirn bereits geschädigt. Forscher setzen daher auf Früherkennung mit einer einfachen Methode und künstlicher Intelligenz. Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der Alzheimer in Zukunft frühzeitig diagnostiziert werden könnte. Azam Jeihanipour und Jörg Lahann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) können damit auf relativ einfache Weise krankhaft veränderte Proteine sowohl im Blut als auch im Liquor, also in Flüssigkeitsproben, nachweisen. Künstliche Intelligenz hilft ihnen dabei. Von künstlicher Intelligenz erkannte Unterschiede: Gesundes Amyloid-Beta-Peptid (links) und eine Mutation davon (rechts). (Foto: KIT) Aber wie funktioniert das? Fehlgefaltete Amyloid-Beta-Proteine gelten als Marker der Alzheimer-Krankheit. Es wird vermutet, dass bereits kleinste Veränderungen in der biochemischen Struktur von Proteinen und Peptiden zur Entstehung zahlreicher neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson führen. Abnormal veränderte Proteine können im Gehirn nicht mehr richtig abgebaut werden, verklumpen und schädigen schließlich Neuronen, was zu den bekannten Krankheitssymptomen führt. Das Forscherduo machte sich auf die Suche nach einer Methode zur Identifizierung von Markern. Sie kamen auf die Idee, Fehlfaltungen durch die spezielle Trocknungsstruktur von Protein- und Peptidlösungen zu erkennen. Es ist bereits bekannt, dass die Wirkung solcher Trocknungspunkte auf Oberflächen von den chemischen Eigenschaften von Proteinen abhängt. Die untersuchten Punktmuster reichen von homogenen Filmen über verzweigte und Gittermuster bis hin zu komplexen Anordnungen. Die Methode ist auch als Kaffeeringeffekt bekannt.
Roboter und KI
Um herauszufinden, ob sich die Methode auch zum Nachweis krankhaft veränderter Amyloid-Beta-Proteine eignet, lösten die Forscher sowohl kranke als auch gesunde Amyloid-Beta-Proteine in einer bestimmten Flüssigkeit auf und tropften die Lösung für die erforderliche Präzision auf eine robotische Glasscheibe mit einem tropfende Pipette. Die Tropfen wurden dann 40 Minuten lang unter kontrollierten Bedingungen getrocknet. Da die Unterschiede in den Trocknungsbildern jedoch mit dem menschlichen Auge schwer zu erkennen waren, entschieden sich Jeihanipour und Lahann für den Einsatz künstlicher Intelligenz. Das sogenannte Deep-Learning-System wurde zunächst mit etwa 400 Speckle-Pattern-Bildern der krankhaft veränderten Proteine und etwa 400 Bildern der gesunden Proteine „gefüttert“. Danach wurden dem System 720 zusätzliche Datensätze zum Sortieren zugeführt.
Punktmuster sind wie Fingerabdrücke
„Die Speckle-Muster von Amyloid-beta-Peptiden stellen Fingerabdrücke dar, die die strukturelle und räumliche Identität des Peptids widerspiegeln“, wurde Lahann in einer Mitteilung des KIT zitiert. Sie sind nicht nur unverwechselbar und reproduzierbar, sondern führen auch zu einer Klassifikation von acht Mutationen mit einer Vorhersagegenauigkeit von über 99 Prozent. Laut den Forschern hat diese Methode großes Potenzial. Einerseits könnte damit die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen, die durch abnorme Proteine und Peptide entstehen, weiter vorangetrieben werden. Die Forscher glauben auch, dass die Methode eine schnelle, zuverlässige und relativ einfache diagnostische Grundlage werden könnte, um neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson im Frühstadium zu erkennen. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Fachzeitschrift Advances Materials veröffentlicht.